Daniel Gottlieb Messerschmidt

Daniel Gottlieb Messerschmidt (1685-1735) ist der erste Entdecker und Erforscher der frühtürkischen Runenschrift aus Sibirien. Zu seiner Lebzeit war die geheimnisvolle Schrift jedoch noch nicht entziffert. Messerschmidt selbst nannte die Schrift „Tattarisch Runisch Gotisch“:

Dieser Punkt ist von besonderem Interesse, zeugt er doch davon, dass Messerschmidt bereits damals die Bedeutung der von ihm entdeckten „runen“-türkischen Inschriften erkannt zu haben scheint und dass sich in der Aufzählung – Tattarisch Runisch Gothisch – wohl eine Vermutung widerspiegelt: Aufgrund der äußeren Form der Schriftzeichen spricht Messerschmidt vom „Runischen“, und es wird wohl erstmals ein Zusammenhang zwischen den noch unentzifferten „runen“-türkischen Inschriften und den Goten und deren Sprache und Schrift erwogen.1

Messerschmidt wurde im Jahr 1718 von Zar Peter I. nach Sibirien entsandt, um v. a. die Heilpflanzen dieses riesigen Territoriums zu erforschen:

Aus eigenem Antrieb ging Messerschmidt weit über diesen Rahmen hinaus und verwirklichte im Verlauf seiner mehrjährigen (1720–1727) Expedition, weitestgehend auf sich allein gestellt, ein Forschungsprogramm, das die Disziplinen Botanik, Ornithologie, Zoologie, Meteorologie, Archäologie, Sprachwissenschaft, Ethnologie umfasste. Sein äußerst umfangreicher wissenschaftlicher Nachlass, darunter das zusammenfassende Werk „Sibiria perlustrata“, ist bis heute, von wenigen Ausnahmen abgesehen, unveröffentlicht geblieben.2

Erst 300 Jahre später erschien die erste Biografie über den Forschungsreisenden:

Das Ziel des Buches ist es, dem Märtyrer und Titanen der Wissenschaft endlich Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, der 300 Jahren unverdientermaßen beinahe vergessen war. Nicht ohne Grund vergleicht W. Lehfeldt den Maßstab von D. G. Messerschmidts Persönlichkeit und wissenschaftlichem Schaffen mit demjenigen Alexander von Humboldts.3

Im ersten Jahr seiner Forschungsreise durch Sibirien wurde Messerschmidt von Philipp Johann (Tabbert) von Strahlenberg und Karl Schulmann begleitet. Nach seiner Rückkehr nach St. Peterspurg musste Messerschmidt all seine Materialien abgeben und eine Verschwiegenheitserklärung unterzeichnen. Deswegen hat Messerschmidt selbst nichts über seine Sibirienreise veröffentlicht. Diese Aufgabe übernahm von Strahlenberg in seinem Buch von 1730, womit er die sibirischen Runenfunde erstmals öffentlich bekannt.

  1. Werner Lehfeldt (2023): Daniel Gottlieb Messerschmidt. 1685–1735. Der erste Erforscher Sibiriens. Versuch einer Annäherung an einen großen Wissenschaftler. Unter Mitwirkung von Larisa D. Bondar und Michael Knüppel. Göttingen: Universitätsverlag, S. 247f. ↩︎
  2. Ebd., Beschreibungstext im Internet. https://univerlag.uni-goettingen.de/handle/3/isbn-978-3-86395-565-6 ↩︎
  3. Irina Vladimirova Tunkina (2023): 300 Jahre später. Die Rückkehr D. G. Messerschmidts. In ebd., S. 11-13. ↩︎