Vorwort von Prof. Prof. h. c. mult. Dr. h. c. Heinrich Beck

Die vorliegende Veröffentlichung ist in mehrfacher Hinsicht bemerkenswert. Sie faßt ein Thema ins Auge, das für die Auslotung der Chancen und der Gefahren unserer gesellschaftlichen Situation wichtig ist, aber bisher kaum beachtet wurde. Die Aussagen des Buches basieren sowohl auf sorgfältigen empirischen Untersuchungen als auch einer Intuition künftiger Entwicklungsmöglichkeiten.

Insbesondere besticht die Analyse von Affinitäten europäischer und asiatischer Strukturen, die auf gemeinsame, weit zurückliegende Ursprünge hinweisen. Die Reflexion dieser Zusammenhänge könnte zu neuen politischen Aufbrüchen anregen, wie zum Versuch einer gegenseitigen Kontaktierung im Bewußtsein einer tiefen, aber verschütteten ethnischen Verwandtschaft. Dies bedeutete sowohl eine Herausforderung zur Konfrontation als auch eine Einladung zu menschlicher Ergänzungsbereitschaft.

Eine solche Kulturbegegnung hätte eine doppelte kreative Perspektive, die durch diese Arbeit sichtbar wird: Einmal würden durch die Exposition z. B. europäischer Kulturobjekte, etwa der Kunst, im asiatischen Bereich Eigenschaften resonantiell angesprochen, die auch dort angelegt, aber schwächer ausgeprägt sind; man denke an gewisse Formen des rationalen Denkens. Damit würde eine Weiterentwicklung „asiatischer Identität“ in Gang kommen, die nun eine ausdrückliche Beziehung zu europäischer Kultur zeigt. Das selbe gilt auch umgekehrt; asiatische Motive könnten auf europäische Entwicklungen zurückwirken. Die Frucht gegenseitiger Berührung wäre so eine den veränderten Verhältnissen angepaßte Neu-Profilierung der traditionellen Kulturen.

Die andere Perspektive, die im Buche angedeutet wird, wäre eine Synthese der überkommenen Formen zu neuen kulturellen Identitäten. Damit ereignete sich gewissermaßen ein „kreativer Sprung der Evolution“. Die „Geburt“ von Neuem könnte allerdings auch scheitern und zu Missbildungen wie moralischen Fehlentwicklungen führen.

Es wird deutlich, dass kulturelle Prozesse stets Gefahren einschließen und so ein Wagnis darstellen. Zu eben diesem will das Buch ermutigen, indem es auf dem Hintergrund der aufgedeckten europäischen und asiatischen Spuren der Vergangenheit verlockende Wege zum „sinnvollen Wagnis“ aufzeigt.

Die Lektüre gewinnt dadurch noch an Reiz und Lebendigkeit, dass bei allem nüchternsachlichen Vorgehen auch das persönliche existentielle Engagement des Autors spürbar wird.

Bamberg, den 22.06.20

Prof. Prof. h. c. mult. Dr. Dr. h. c. Heinrich Beck

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